Entspannt altern…

 

… geht das in unserer Zeit überhaupt?

In letzter Zeit habe ich in meiner Sprechstunde immer wieder festgestellt, dass meine männlichen und weiblichen Patienten das Altern nicht so wirklich annehmen können bzw. wollen. Das “ Frau/ Man(n) heute mit 60 noch nicht aussehen will wie 60 oder sich gar so fühlen möchte wie 60 kann ich ja auch ein Stück weit nachvollziehen- schließlich wollen wir alle vital und fit bleiben. Jedoch wir altern, ob wir es wahrhaben wollen oder nicht… es ist eine dieser Wahrheiten, die sich nur bedingt ändern lassen:

  • Altern bedeutet nicht gleich „alt'“werden, wir altern bereits, wenn wie im Mutterleib gezeugt wurden. Das Qi von Mutter und Vater schmelzen zusammen, ein neuer Mensch entsteht und von Beginn an altern wir.
  • Altern bedeutet nicht zwangsläufig, gebrechlich und hinfällig zu werden, denn ich kann dafür sorgen, dass ich mich ausreichend bewege, gesund und ausreichend ernähre, mich entspanne und auch ausreichend schlafe- einfach darauf achte, dass Anspannung und Entspannung in Waage sind.
  • Altern bedeutet nicht, nicht mehr arbeiten zu können- aber in Maßen, denn…
  • Altern bedeutet spätestens ab dem 50. Lebensjahr, dass ich mit meinen Energieressourcen anders haushalten muss. Ab dem 49. Lebensjahr bei den Frauen(häufig Beginn der Wandeljahre) und dem 48. Lebensjahr bei den Männern(ja, ja auch Männer haben Wandeljahre ;)) schwindet unsere Essenz- das Jing- einfach stärker. Das macht sich an bestimmten Veränderungen bemerkbar und ist bei jedem anders- schnelleres Ermüden, der Schlaf ist nicht mehr so tief, die Haare werden dünner oder grauer(übrigens je eher, desto weniger Jing ist vorhanden bzw. das Yin der Nieren ist generell recht schwach), bestimmte Arbeiten dauern länger…

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Ich musste immer lächeln, wenn meine Oma früher oft sagte “ Ach meen Deern, dat Oller is ja nu komisch, de Tied vergoht so dull, ick weit nich wo dese blieft, an so’n Dag is oftiens nix dran“- heute kann ich es verstehn- je älter wir werden, um so mehr Zeit benötigen wir einfach für bestimmte Dinge- Lernen, Aufräumen, Einkaufen, bestimmte Arbeiten im Haushalt und in der Arbeit… das Lesen, Sehen, Erfassen… alles braucht seine Zeit. Das Gute aber ist:

  • wir sind heute anders alt und nicht verbraucht wie unsere Großeltern es waren- kein Krieg, keine Entbehrung, keine Sorge im Sinne des Überlebens- meine Großeltern waren mit Ende 50 alt, sie waren zwar agil, aber alt und grau, Opa war voller Lebensfalten im Gesicht- auch durch das Wetter gegerbt, denn er war Landwirt, und Oma musste manchmal ganz schön die Zähne zusammen beißen, wenn ihre Beine schmerzten von der schweren Arbeit. Sie waren lebenslustig und nahmen den Tag einfach an und eben auch das Alter. Nun ist unsere Familie mit einem relativ hohen Alter gesegnet- Großeltern, die 80, 85 oder gar 90 Jahre alt werden sind ein Segen für die Familie und besonders für die Enkel/ Urenkel- und eins hab ich gelernt- Spruch meines Opa’s: “ Deern, Du künnst öller warn un öll as ne Kauh, aver liehrst alltiet noch dortau. Wat du liehrnst is dien, dat künn di ne een afknöpen. Rögen hät Segen un blot up dei Fuulbank sitten, dat is nich gaut“- genau das ist es, was uns jünger erhält, als unsere Großeltern:
  • Wir haben heute Möglichkeiten, mit einer gewissen „Jugendlichkeit“ zu altern- Zeit, Muße, Möglichkeiten, aber was machen einige von uns damit??
  • Es muss immer alles auf einmal und schnell sein, bei Erkrankungen werden Antibiotika genommen- ob jetzt vom Arzt zu schnell verordnet oder auch gefordert vom Betroffenen sei mal nicht berücksichtigt- damit man wieder schnell in der Arbeit ist, Sport wird bis zum Exzess betrieben- auch bei Erkrankungen, die sportliche Betätigung verbieten, Stress wird ausgehalten auf Teufel komm raus, das Essen wird zwischendurch an der Tanke oder am Stand oder bei Fast Food Ketten erledigt, Frühstück ist der Kaffee und die Zigarette- mal ganz ketzerisch gesagt-, der Fernseher läuft bis nach Mitternacht, Bier oder Alkohol am Abend sollen dann Entspannung bringen… das ist leider nicht nur Übertreibung… die Liste ließe sich beliebig weiter führen- leider- alles muss noch laufen wie mit 20???

Und dann brechen die Betroffenen irgendwann zusammen- nicht unbedingt gleich mit Infarkt, sondern anders- Erkrankungen heilen nicht aus, Müdigkeit und Schwäche machen sich breit, man fühlt sich nur noch gestresst, Lustlosigkeit im Beruf und in der Freizeit breiten sich aus, Reizmagen und Reizdarm entstehen, bei Frauen wie auch Männern lässt die Libido nach, Männer bekommen Probleme im sexuellen Bereich…und dann kommt noch die magische 50, 60…

Ich sage „Ja“- natürlich, logisch…aber in Würde und mit dem Annehmen und mit der Chance gesund, fit, vital und entspannt alt zu werden:

  • Struktuieren Sie Ihren Tag neu- anders als mit 20.
  • Nehmen Sie sich mehr Zeit für Ihre Arbeit- Sie benötigen einfach mehr Zeit, weil alle Prozesse im Körper etwas langsamer ablaufen- so ist es nun einmal. Ihren Lieblingsoldtimer scheuchen Sie ja auch nicht mehr mit 160 über die Autobahn, sondern fahren gemächlich über die Landstraße;)
  • Nehmen Sie sich Zeit für drei ausgewogene Mahlzeiten mit deutlich weniger Kalorien als mit 20- wir benötigen ab der magischen 50 unter Umständen 300 bis 500 kcal weniger/ Tag- die Mahlzeiten sollten aus Gemüse, etwas Obst, Fisch, in Maßen Fleisch, sehr wenig Brot und Brotbelag und aus sehr, sehr wenig Süßem bestehen- Zwischenmahlzeiten streichen, denn die belasten nicht nur die Kalorienbank, sondern auch unser älter werdendes Verdauungssystem.

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  • Bewegung- beugt der Zellalterung vor, schützt in gewissem Maß vor Knochenschwund und einem zu starken Übergewicht- aber in Maßen und in Muße- gehetzt zwischendurch bringt es gar nichts, denn in der Ruhe liegt die Kraft- ideal sind zwei Einheiten Ausdauer/ Woche, ein- bis zwei Einheiten Krafttraining und eine Einheit Stretching/ Entspannung- ideale Sportarten sind Walking, leichtes Jogging für Geübte, Muskeltraining mit Freihanteln, Schwimmen, Aquafit- Kurse, Yoga oder QiGong, moderater Kampfsport wie WingTsung, Karate oder Aikido…
  • Lesen Sie, bilden Sie sich weiter- ein interessanter Vortrag, jede Woche ein kleines Sachbuch, lesen Sie über Gesundheit und Körper, absolvieren Sie nur für sich eine Ausbildung im Bereich Gesundheit oder, oder, oder… erweitern Sie einfach Ihren Horizont- das hält im Kopf rege und wer weiß, vielleicht starten Sie mit einer gewissen Gelassenheit noch einmal beruflich neu durch?
  • Gehen Sie zur Prävention- die Kasse zahlt Untersuchungen zur Früherkennung von schweren Erkrankungen und nutzen Sie die Möglichkeit, z. B. mit Hilfe der chinesischen Medizin präventiv tätig zu werden- zum Wohl einer Gesundheit, die Sie in Würde und Gelassenheit altern lässt. Akupunktur und Kräutermedizin können nämlich die Zipperlein noch ein wenig warten lassen. In der Chinesischen Medizin und auch in diesem Kulturkreis ist das Altern kein Stigma, im Gegenteil, die Weisheit des Alters wird sehr geschätzt. Jing und Yang, aber auch Yin nehmen ab, der ältere Mensch benötigt mehr Pausen…na und…dafür greift er auf einen unsagbaren Schatz an Erfahrung zurück, ist deutlich gründlicher in allem was er anpackt und lässt sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen- sollte er zumindest nicht;)
  • Lernen Sie zu meditieren- Meditation ist keine Spinnerei- Meditation ist Körperarbeit mit dem eigenen Ich, sie schult Achtsamkeit und Geduld mit sich, mit anderen und mit … dem Älterwerden;) und sie gibt uns Gelassenheit(nach R. Niebuhr):

“ Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“

So sollten wir es auch mit dem Altern halten- er ist nicht aufzuhalten- des Lebens Weg, aber wir erhalten mit dem Altern die Weisheit, es gelassen zu sehen und … zu lächeln.

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